Seitliche Aufnahme von Schloß Sanssouci, das ab 1745 von Georg Wenceslaus von Knobelsdorff für Friedrich II. errichtet wurde. Der Name der – verglichen mit dem Neuen Palais – zierlichen und intimen Residenz bedeutet "ohne Sorgen" und ist in vergoldeten Lettern an der im Bild sichtbaren Nordfassade angebracht; die Seitenflügel enden jeweils in runden Kabinetten. Von links marschiert, mit leichter Bewegungsunschärfe, ein Herr ins Bild; eine weitere Person, wirft ihren langen Schatten voraus. Ob es sich um einen gewollten Schnappschuss handelt, oder ob die beiden als unerwünschte Störenfriede in die Aufnahme gerieten, können wir nur spekulieren.
Büste eines jungen Afrikaners auf hohem Sockel im Park von Sanssouci. In den 1990er Jahren hergestellte Repliken dieser und ähnlicher Porträts mit kolonialen Motiven wurden in neuerer Zeit zu einem Rondell aufgestellt, was zu einer erregten Rassismusdebatte führte. Inzwischen befasst sich die 2020 gegründete "Steuerungsgruppe Koloniale Kontexte" der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten (SPSG) mit Artefakten, die koloniale Bezüge aufweisen. Hülsmann dürfte sich eher für die Licht- und Schattenwirkung der naturalistischen Steinplastik interessiert haben sowie für den Kontrast von Artefakt und (beschnittener) Natur.
Stelzenläufer, wahrscheinlich Mai 1933. Wohl als Werbegag, um potentielle Besucher:innen auf die gerade stattfindende Messe aufmerksam zu machen, balancieren einige Herren in Frack und Zylinder auf hohen Stelzenbeinen unter dem Berliner Funkturm her. Im Gegenlicht sind sie nur als groteske Silhouetten wahrzunehmen, und da die Sonne gerade hoch steht, werfen ihre überlangen Beine erstaunlich kurze Schatten. Wie der Minutenzeiger einer Uhr wirkt hingegen der diaganole Schatten, den einer der Masten wirft, an denen Straßenlaternen befestigt wurden.
Beobachtete Beobachter: wahrscheinlich in der (old) Bond Street, heute eine der teuersten Einkaufsstraßen Londons, fotografiert Friedrich Hülsmann, wie einige Männer einen Abschnitt der Straße teeren. Die Teermaschine, üblicherweise einen unangenehmen Geruch verbreitend, steht vor dem Geschäft von Frank Cruwys, einem Herrenschneider, der u.a. den späteren Herzog von Windsor (damals noch Prince of Wales) einkleidete; Frank Cruwys selbst lebte seit den 1920er Jahren in Frankreich, aber offenbar führte einer seiner Brüder, die alle Schneider waren, das Geschäft unter seinem etablierten Namen in der Bond Street fort. Leider ist aufgrund der Spiegelung nichts von der Auslage zu erkennen.
Von den gegenüberliegenden Bordsteinkanten aus, durch die Baustelle wie durch einen Fluss getrennt, beobachten zwei Passanten die Szene. Aber beobachten sie wirklich die Männer bei der Arbeit oder treffen sich ihre Blicke? Geradezu herausfordernd steht der Mann am rechten Bildrand mit den Händen in den Hosentaschen. Statt sich der Asphaltierung zu widmen, könnte er auch den Herrn auf der anderen Straßenseite fixieren, der sich im Gehen umwendet, als hätte er soeben bemerkt, dass er beobachtet wird. Verbindet die beiden ein dunkles Geheimnis? Hier ist Hülsmann ein vielsagender Schnappschuß gelungen...
Während der Überfahrt nach England 1934 fotografierten sich Friedrich und Gertrud Hülsmann mehrfach gegenseitig, u.a. jeweils in die Lektüre des Buchs von G.J. Renier „Sind die Engländer Menschen wie wir?“ vertieft. Gertrud gelang die überaus vertraute Aufnahme ihres sichtlich entspannten Mannes, der etwas verschlafen in die Nachmittagssonne blinzelt. Hat sie ihn gerade geweckt oder wird er jeden Moment ein Nickerchen machen? Das Oberteil eines Badeanzugs und ein Frotteemantel, die etwas nachlässig über die Lehne des Deckstuhls gebreitet sind, lassen jedenfalls auf bereits absolvierte sportliche Aktivitäten schließen.
Das doppelte Lottchen hat geheiratet. Zwei junge Frauen stehen in auffällig ähnlichen hellen Kleidern und mit modischen Hütchen neben zwei eleganten Herren. Die vergnügte Vierergruppe wirkt wie zwei Brautpaare, die sich nach dem Gang zum Standesamt noch auf dem Pier eingefunden haben. Rechts von ihnen lehnt sich eine Frau im gestreiften Strandanzug an die Brüstung, ihr Haar wird verwegen vom Wind gepeitscht – am Sommerhimmel ziehen bereits dräuende Wolken auf. Vom linken Ende des Piers her naht ein älteres Ehepaar, das für einen Strandbesuch viel zu förmlich (und zu wenig sommerlich) gekleidet ist. Die Aufnahme von einem der deutschen Ostseestrände weist Friedrich Hülsmann einmal mehr als genialen Beobachter sozialer Konstellationen und als Experten für anknüpfungsreiche "Schnappschüsse" aus.
Selbstporträt aus einer ganzen Reihe von fotografischen Studien rund um das eigene Erscheinungsbild: Friedrich Hülsmann probiert vor der Kamera verschiedene Gesichtsausdrücke - und verschiedene Krawatten; als Hintergrund dient eine hell lackierte Tür.
Das in Norddeutschland beliebte "Ringreiten" hatte sich aus der mittelalterlichen Praxis des Ring- oder Ringelstechens, einer Geschicklichkeitsübung für Knappen zu Pferd, entwickelt und wird in einigen Regionen bis heute gepflegt. Hülsmann fertigte von diesem Turnier gleich mehrere Aufnahmen – mit und ohne das Balkengerüst, an dem sich der Ring befindet, der mit einer Lanze herunter geholt werden soll.
ca. 1932, vom Surrealismus inspirierte Aufnahme eines Dekordetails aus der Zeit des Rokoko (vgl. 0094). Frau Hülsmann, von der nur die ringgeschmückte rechte Hand und ein Stück ihres nackten Oberarms zu sehen sind, hält das obere Ende der Rocaille in die Kamera. Im Hintergrund ein Buchregal mit teilweise bibliophilen Ausgaben. Aufgrund fehlender Tiefenschärfe sind die Buchtitel leider nicht zu entziffern.
Taufengel in der Schlosskirche zu Ahrensburg. Unter Peter Rantzau wurde um 1595 parallel zum Schloss die Kirche mit angrenzenden Gottesbuden (Wohnstätten für Bedürftige) errichtet. Die Decke ist als Himmelsgewölbe blau ausgemalt und mit vergoldeten Sternen versehen; von ihr hängt ein gleichfalls vergoldeter Engel herab, der eine Taufschüssel trägt; mithilfe eines Mechanismus konnte das Figurenensemble im Bedarfsfall weiter abgesenkt werden. Der Engel stammt wahrscheinlich aus der Zeit der Barockisierung der Schlosskirche (um 1715) unter Detlev Rantzau. Hülsmann fotografiert den Engel von mindestens zwei Standpunkten aus. Die Dynamisierung der Skulptur durch das flatternde Gewand kommt in der Variante (Negativ Nr. 1110) besonders gut zur Geltung.
Wer hier an texanische Ölbarone denkt, wird vielleicht überrascht feststellen, dass auch in der deutschen Provinz beachtliche Mengen des schwarzen Goldes gefördert wurden. U.a. in Wietze am südlichen Ausläufer der Lüneburger Heide. Hier könnte die Aufnahme entstanden sein, auf der sich endlose Reihen von standardisierten Fässern bis zu den Bildrändern erstrecken. Die in ihrer Serialität leicht abstrahierte Struktur markiert fotografisches Bildschaffen am Übergang vom "Neuen Sehen" zur "Neuen Sachlichkeit".
Speisesaal in Schloss Ahrensburg. Hülsmann besuchte das südlich von Hamburg gelegene Schloss Ahrensburg anscheinend häufiger: 1932 hatte es die Grafenfamilie Schimmelmann samt Inventar veräußern müssen, aber einem privaten Förderverein gelang es, einen Großteil der Einrichtung zurückzukaufen und die ehemaligen Wohnräume in ein Museum zu verwandeln. So fand Hülsmann (wieder) den Zustand von etwa 1760 vor, obwohl spätere Generationen erhebliche Veränderungen hatten vornehmen lassen. Im rekonstruierten Speisesaal (heute anders ausgestattet) wartet eine reiche und mit Blumen wie frisch gedeckte Tafel auf. An der Wand hängt neben originalem Meissener Porzellan ein Porträt der Julia Reventlow geb. Schimmelmann, das die in Rom lebende Malerin Angelika Kaufmann 1783 geschaffen hatte. Während das Schloß heute im "Emkendorf-Saal" eine Kopie dieses Gemäldes ausstellt, ist das Original im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum Schloß Gottorf zu sehen. Hülsmann nutzt den Schein von Lüster und Leuchtern als zusätzliche Lichtquelle; seine Aufnahme gleicht stark einer Fotografie, die auch im damaligen Schlossführer abgebildet war.
„Du bist schön von hinten“ sang die deutsch-französische Band Stereo Total 1997. An den jungen Herrn Hülsmann wird das Ensemble dabei sicher nicht gedacht haben, obwohl seiner Frau wirklich eine sehr attraktive Rückenansicht am Strand gelungen ist. Mit in den Nacken gelegtem Kopf trotzt der Wahlhamburger den Elementen, hier in Gestalt tosender Wellen. Zweifellos dürfte Gertrud Hülsmann Bilder von C.D. Friedrich vor dem inneren Auge gehabt haben, als sie den Auslöser betätigte. Der „Wanderer über dem Nebelmeer“, die „Frau vor der untergehenden Sonne“ oder Paare, die den Mond bestaunen – bei dem berühmtesten Maler der Romantik waren auch die meisten Figuren „schön von hinten“.
Liebe zu dritt? Friedrich Hülsmann hielt das Anlegen des Bootes Germania in etlichen Einzelaufnahmen fest. Nun hat sich zu den beiden Faulenzern eine kräftige junge Frau gesellt, deren blonde Locken vom Wind verweht werden. Gemeinsame sportliche Betätigungen beider Geschlechter in überaus leichter Bekleidung (oder gar nackt), wären wenige Jahrzehnte zuvor noch undenkbar gewesen. Doch die Lebensreform um 1900 hatte erste Versuche unternommen, mit der muffigen Prüderie des 19. Jahrhunderts aufzuräumen: Sonnenbaden und Freikörperkultur wurden zu neuen Idealen einer gesunden, körperbewussten Bevölkerung, die sich allerdings nur zögerlich durchsetzen konnten. Erst die 1920er jahre popularisierten mit etlichen Romanen und Filmen rund um das Thema Sport das zwanglose Beisammensein von Männern und Frauen; das NS Regime schließlich hatte zur Sexualität ohnehin eine eher lockere Beziehung: Joseph Goebbels etwa gab zu bedenken, das deutsche Reich sei kein Franziskanerkloster! Außerdem waren künftige deutsche Soldaten selbst dann willkommen, wenn sie unehelich gezeugt wurden. In welcher Beziehung zueinander die drei jungen Menschen tatsächlich stehen, bleibt unserer Phantasie überlassen.
Seit das Medium Fotografie existiert, versuchten Fotograf:innen auf verschiedene Weise, auch das eigene Selbst im Bild festzuhalten: indem sie sich mit der Kamera vor einen Spiegel stellten, die Kamera mit einem Draht auslösten – oder indem sie ihren eigenen Schatten fotografierten. Heute sind das Internet und Social Media voll mit "Selfies", die nur aus der Schattensilhouette bestehen. Auch Friedrich Hülsmann widerstand der Versuchung nicht, die eigene Gestalt im Lichtbild zu bannen: hier fällt sein Schatten auf eine Holzwand, möglicherweise eine Strandkabine.